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[Story] Es ist alles eitel
BorkatokDatum: Freitag, 2010-12-03, 4:19 PM | Nachricht # 1
DerGrößteDummeMann
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Andreas Gryphius Es ist alles eitel

Du siehst, wohin du siehst, nur eitelkeit auf erden.
Was dieser heute baut, reißt jener morgen ein;
Wo ietzundt städte stehn, wird eine Wiese seyn,
Auf der ein schäfers kind wird spielen mit den herden;

Was itzundt prächtig blüth, sol bald zutreten werden;
Was itzt so pocht und trotzt, ist morgen asch und bein;
Nichts ist, das ewig sey, kein ertz, kein marmorstein.
Jetzt lacht das glück uns an, bald donnern die beschwerden.

Der hohen thaten ruhm muß wie ein traum vergehn.
Soll denn das spiel der zeit, der leichte mensch bestehn?
Ach, was ist alles diß, was wir vor köstlich achten,

Als schlechte nichtigkeit, als schatten, staub und Wind,
Als eine wiesen blum, die man nicht wieder find't!
Noch wil, was ewig ist, kein einig mensch betrachten.

König Rhobar II. schaute von einem Hohen Turm aus auf die Belagerung von Vengard. Die Orks hatten die Mauern fast durchbrochen. Die Verteidigung bröckelte. Die Moral war mies. Die Menschen schwirrten durch die Straßen, wie Fliegen, die um einenen Kadaver schwärmten, um sich zu nähren. Und die Stadt war ein Kadaver: Schon zu Anfang der Belagerung war alles Leben aus ihren Straßen gewichen, als ob die Orks jeden der sich dort blicken ließ mit Pfeilen beschießen würden.
Feuer wurden entzündet und erlöscht. Schreie und Kommandos geisterten durch die Luft, bis sie vom allgegenwärtigen Rauch (und vom Summen) erstickt wurden. Und mittendrin prangte stolz und erhaben zwischen den Ruinen der Wohnhäuser, Kneipen und Werkstätten, die durch orkische Katapulte angenagt, ihr einst so unerschütterliches Wesen aufgaben und zerbröckelten, der königliche Palast unversehrt. Sinnloser Prunk. Aber er blieb bestehen. Noch.
Denn es ist alles eitel.

Hosh-Pak las besorgt die Nachricht des Mediziners der Horde. Eine Seuche hatte ihre gierigen Hände nach den stolzen Orks von Khorinis augestreckt. Sie ging aus von den, immer noch in der Stadt herumliegenden Menschenleichen (doch wusste er nichts davon). Die Krankheit breitete sich unheimlich schnell aus und stahl den Orks ihre Vernunft, bis sie nur noch sabbernde Schemen ihrer einstigen Größe waren. Hygiene war den Orks fremd, denn im Normalfall brauchten sie so etwas nicht, doch jetzt schwebte das Siechtum in der Luft des halb zerstörten, halb als Orkstadt wieder aufgebauten Khorinis. Der einzige Lichtblick in Hosh-Paks Gedanken war:
Es ist alles eitel.

In Nordmar war der Tod ein alter Freund der Menschen, denn nur er konnte die Ernährung sichern, ohne die Freuden des Lebens nichtig zu machen. In Nordmar feierte man den Toten Feste, was die Erinnerung an sie unauslöschlich machte, und schob sie nicht in die kalte, alles Seiende verschlingende Erde ab. Sie machten sich auch keinen Kummer des Todes wegen, denn sie wusste, für jeden Greis, der starb, würde ein Kind geboren werden, für jeden Bogen, der brach, würde ein neuer gefertigt werden und für jeden Schnee, der schmolz, fiel neuer auf die Erde hinab. Und so war in Nordmar gar nichts eitel, sodass jeder gute Tote durch einen besseren Lebenden ersetzt werden würde und selbst, wenn das Volk Nordmars aussterben würde, würde es durch etwas Besseres ersetzt werden, denn in Nordmar herrschte der Tod und die Ewigkeit und nicht die Eitelkeit.

Im tiefen Süden von Varant lebte das Volk der Assassinen, angeführt durch Zuben, dem wohl eitelsten Manne, den die uralte Welt je gehen. So ließ er sich den ganzen Tag von süßen Tänzerinnen, holden Höflingen und kriechenden Dienern verwöhnen. Diese vielen Menschen lasen ihm jeden Wunsch von den Augen ab, außer seinen sehnlichsten: Der Wunsch nach Ewigkeit. Und so versuchte Zuben diesen einen brennenden Wunsch durch die Kleinen Freuden zu ersticken, doch mit all den süßen Leckerbissen fütterte er nur die Eitelkeit, die ihn jeden Morgen aus seinem Spiegel mit ihrem verfaulten, von Maden zerfressenem Gesicht höhnisch angrinste und ihm dabei ihre verkümmerten, alles zermalmenden Zahnstümpfe zeigte. Und so war selbst der große Zuben nur ein Furz im Wind der Zeit.

Es war einmal ein Khorinis-Ork, der irgendwann geboren wurde, irgendwann starb und irgendeinen Namen hatte, doch das tut jetzt nichts zur Sache. Das einzig Bemerkenswerte an ihm war, dass er ungefähr drei Viertel seines Lebens keinen zusammenhängenden Gedanken fassen konnte außer:
Es ist alles Eitel.

Die Orks waren mittlerweile in Vengard eingedrungen und der König hielt seinen Paladinen noch eine letzte Ansprache vor dem Untergang. Sie handelte von Ruhm, Ehre und all so nem Zeug, doch niemanden, nicht mal den König interressierte dieser Unsinn. Und so redete und redete er in seiner Eitelkeit, bis sein Brustkorb von einem schweren Katapultstein zerquetscht wurde, so wie wenn man ein lästiges Insekt zerquetscht und nichts weiter war der Mensch als ein lästiges Insekt (oder ein kluges Tier, wie Nietzsche es ausdrücken würde).
Die Paladine fingen an zu schreien, stoben aus einander und rannten wie Lemminge in den Tod.

Nun wisst ihr wie nichtig eine einzelne Existenz ist, wie leicht man in Jahren voller Anstrengung und Schweiß Erbautes zerstören kann, dass selbst große Menschen in Wirklichkeit winzigst klein sind und Weltreiche aufsteigen, aufblühen und wieder versinken (die hellsten Sterne leuchten am kürzesten), doch dies alles ist nicht das Schlimmste. Nein, das Schlimmste aller eitlen Übel ist der Sieg. Denn je höher man steigt, desto tiefer fällt man. Und man wird fallen.
So erging es auch Gronk, einst ein glorreicher Kriegsherr der Orks, vor dem selbst Vengard erzitterte, jetzt nur noch ein jammernder, blutender Wurm der im Dreck lag, aus dem alle denkenden Wesen gemacht sind. In seinem Geiste herrschte nur Schmerz und es schien, als sei er allgegenwärtig, doch auch Schmerz war nicht von Dauer und bald würde der Tod den großen Krieger mit seinen kühlen, angenehmen Flügeln umschließen, ihn sanft wiegen und allen Schmerz vergessen lassen. Und so löste ein gedankenloser Wanderer eine Lawine aus, die Gronk überrollte, begrub und ihm den Tod schenkte. Und so starb der Ork durch die Willkür eines Menschen, den er nicht einmal kannte und später, als es schon längst keine Menschen und Orks mehr gab, grub ein Archäologe seine Knochen aus und hielt sie für das Skelett eines der Urahnen seines Volkes.

 
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