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[Story] Der Lehrling der Magier
LeythDatum: Donnerstag, 2010-12-02, 10:23 PM | Nachricht # 1
Nachtgreifer
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Der Lehrling der Magier

Kapitel 1

Es donnerte.
Duncan blickte nach oben. Die ersten Regentropfen fielen auf sein Gesicht. „Na super“ grummelte der junge Jäger in sich hinein.
Duncan befand sich gerade mitten auf offenem Gelände als das Gewitter losging. Es regnete in Strömen, Blitze zuckten und erhellten für einen kurzen Augenblick den Himmel. Der Donner kam aus nicht allzu großer Ferne. Tropfen fielen vom Himmel, immer schneller und heftiger werdend. Irgendwann konnte man keine fünfzehn Meter weit mehr sehen. „Jetzt aber schnell.“, dachte er sich, „ich muss schnell einen trockenen Ort finden, sonst hol ich mir noch den Tod!“
Es war ein wunderschöner Tag auf Khorinis gewesen, man hatte nirgends auch nur eine Wolke am strahlend blauen Himmel sehen können. Aus diesem Grund hatte sich Duncan auch dazu entschlossen mal wieder Wölfe jagen zu gehen. Es herrschte sowieso gerade Ebbe in seinem Geldbeutel, er war in den letzten Tagen immer nur am Freibierstand vor der Kaserne gestanden und hatte Freibier getrunken. Was anderes konnte er sich leider nicht leisten. Sein letzter Besuch in der roten Laterne war auch schon über einen Monat her, er war schon seit mindestens zwei Wochen nicht mehr jagen. Mit den paar Fellen, die er noch auf Vorrat hatte kam er nicht weit. Er hatte immer nur das Nötigste gegessen und getrunken, nachts hatte im Hotel geschlafen, welches zum Glück die Paladine bezahlten und tagsüber hielt er sich fast nur am Freibierstand auf.
Duncan lief durch den Regen. Er rannte so schnell er konnte. Seine Kleidung war nass und klebte an seiner Haut. Es war gerade mal um die Mittagszeit rum, aber die Wolken verdeckten die Sonne, sodass man hätte denken können, dass es bereits nach Sonnenuntergang war. Er wollte so schnell wie möglich ins Trockene kommen. Wenn er doch wenigstens im Wald gewesen wäre, dann hätten ihm die Bäume einigermaßen Schutz vor dem Regen gegeben, aber hier wurde er gnadenlos von den Tropfen getroffen.
Plötzlich hörte er in einiger Entfernung leise Stimmen. „Da sind Menschen!“, dachte sich Duncan und lief in die Richtung aus denen die Stimmen kamen. Nachdem er längere Zeit gelaufen war, hielt er an. Er hätte die Leute schon längst erreichen müssen. Also lauschte er in den Regen, in der Hoffnung, etwas zu hören. Er lauschte. Da war nichts. Keine Geräusche außer dem prasselnden Regen. Doch! Da waren die Stimmen wieder. Diesmal hörten sie sich etwas lauter an, aber immer noch sehr leise. Also lief Duncan weiter. Die Stimmen wurden nicht lauter, obwohl Duncan immer weiter in ihre Richtung lief.
Auf einmal sah er ein leichtes Schimmern durch den Regen. Es war kaum mehr als ein Glimmen in weiter Ferne, aber dennoch war es Licht! Da mussten die Stimmen herkommen! Total durchnässt beschleunigte Duncan seine Schritte und lief in die Richtung, aus der das Licht kam. So langsam wurden auch die Stimmen lauter. „Na endlich, ich dachte schon, ich komm nie mehr irgendwo hin!“, sagte er zu sich selbst.
Schlagartig fuhr ein stechender Schmerz in Duncans Magengrube. Er war so überrascht davon, dass er gar nichts mitbekam. Klar denken konnte er erst wieder, als er auf dem nassen Gras lag. Durch seine zusammengekniffenen Augen versuchte er, etwas zu erkennen, aber durch den Regen sah man jetzt nur noch wenige Schritte weit. Langsam versuchte Duncan aufzustehen, immer darauf achtend, ob er etwas erkennen könnte. Oder jemand.
Gerade war er aufgestanden, als seine Jägerinstinkte ihm befahlen, sich wieder hinzulegen. Schnell sprang Duncan auf alle Viere und verharrte. Nichts bewegte sich. Er kroch langsam Stück für Stück vorwärts. Da stieß er mit dem Kopf gegen einen Pfahl. „Welcher Depp stellt denn mitten auf dem Feld einen Pfahl auf?“ fragte er laut, als es ihm wie Schuppen von den Augen fiel: Er gehörte zu einem Zaun! Duncan war gegen einen Zaun gelaufen! Er kam sich ganz schön blöd vor, weil er das nicht früher gemerkt hatte.

Zugefügt (2010-12-03, 0:22 Am)
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Zugefügt (2010-12-03, 0:21 Am)
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„Hoffentlich hat das keiner gesehen.“, dachte er sich während er sich umblickte. Das Licht hatte mittlerweile eine rechteckige Form angenommen, und so langsam konnte Duncan Umrisse von Personen ausmachen, die in diesem Licht standen. Jetzt erst bemerkte er, wo er stand: Das vor ihm war Orlans Taverne „Zur toten Harpie“ und er stand direkt davor. „Na endlich ein trockenes Plätzchen“ sagte er lauter als beabsichtigt.
Duncan trat ein. Sofort richteten sich alle Blicke auf ihn. Er lächelte und ging zügig auf einen leeren Tisch zu, an den er sich setzte. Sofort zog er seinen nassen Mantel aus und hängte ihn über seinen Stuhl.
Duncan sah sich im Schankraum um. Es war schon lange her, dass er das letzte Mal hier gewesen war, aber alles sah noch genauso aus wie damals. An der Decke hing immer noch das Pentagramm mit der gleichen ausgestopften Harpie, die Orlan selbst erlegt hatte. Zumindest behauptete er das immer. Dasselbe sagte er auch von den Schattenläuferköpfen an der Wand, aber Duncan glaubte ihm das nicht. Den hatte er sicher irgendeinem vorbeiziehenden Händler abgekauft. Es waren nicht viele Gäste da, gerade mal ein paar Bauern, die es gerade noch geschafft hatten, sich vor dem Regen in die Taverne zu flüchten. Duncan musste lächeln. Sie hatten es trocken geschafft, aber er, der doch sonst immer Wetterschwankungen vorausahnte, war der einzigste nasse Gast hier. Welche Ironie.
Er sah sich weiter um. Sein Blick blieb an einem besonderen Gast hängen, der seine Aufmerksamkeit erregte: An einem Tisch am anderen Ende des Raumes saß ein düster gekleideter Mann mit schwarzem Umhang, die Kapuze weit ins Gesicht gezogen, sodass man seine Augen nicht erkennen konnte. Er hatte einen leeren Teller vor sich stehen und sah so aus als würde er den Teller anstarren. Aber Duncan hatte so das Gefühl, als würde der Mann ihn beobachten. Irgendetwas bedrohliches ging von im aus. Duncan starrte den düsteren Mann an, als Orlan kam und ihn aus seinen Gedanken riss. „Duncan!“ sagte er und man konnte die Freude in seiner Stimme hören, „Ich habe dich ja schon ewig nicht mehr gesehen. Wo hast du dich denn nur rumgetrieben?“
„Ach, du kennst mich. Als Jäger treibt man sich überall da rum, wo es wilde Tiere zum Jagen gibt.“
„Ja, da hast du recht. Immer bei der Arbeit. Und wie geht’s deinem Lehrmeister?“
„Ehemaliger Lehrmeister, bitte. Ich habe ausgelernt!“
„Natürlich, das hatte ich vergessen. Also, wie geht es Bartok denn so? Es ist auch schon länger her, dass er sich hier hat blicken lassen..“
„Ihm geht’s gut, glaub ich. Ich hab ihn auch schon etwas länger nicht gesehen, aber es dürfte bei ihm schon alles klar gegangen sein.“
„Das freut mich zu hören. Mir kommt meine Taverne immer so leer vor, wenn nicht einer von euch beiden hier ist.“
„Wieso? Es ist doch genug los hier.“
„Ach, mit euch beiden kann man sich immer so gut unterhalten, aber die anderen hier... . Irgendwie wollen die Bauern immer unter sich bleiben. Wenn nicht ab und zu ein paar Händler hier vorbeikommen würden, würde ich ja gar nichts Neues mitbekommen. Ich glaube, das letzte was ich mitbekommen hab, ist, dass die Paladine im Minental festsitzen. . “
„Da hast du aber viel verpasst. Es ist einiges passiert in letzter Zeit.“
„Na los, erzähl!“
„Okay, aber zuerst bringst du mir ein Bier.“
Orlan lachte. „Na gut, aber dann erzählst du mir was.“, sagte er und ging zu den Tresen.
„Aber bitte schön kühl!“ rief Duncan ihm hinterher.
Er seufzte und schaute sich weiter in der Taverne um. Sein Blick fiel auf einen leeren Stuhl in der Ecke des Raumes. Der düstere Mann war verschwunden! Dort, wo er gesessen hatte lag nur noch ein leerer Teller und ein paar Silberstücke auf dem Tisch.
Duncan war verwirrt. Wie hatte sich der Typ rausschleichen können, ohne von ihm bemerkt zu werden? Normalerweise bemerkte er doch alles, was um ihn herum passierte. Aber irgendwie hatte der Typ es geschafft, sich an ihm vorbeizukommen.
In diesem Moment kam Orlan wieder mit einem Bierkrug in der Hand und setzte sich zu Duncan an den Tisch. „So, hier hast du dein Bier.“, sagte er und schob Duncan den Krug hin, „Und jetzt erzähl. Was war denn so alles los?“

Zugefügt (2010-12-03, 0:22 Am)
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Duncan erzählte ihm alles, was in letzter Zeit passiert ist. Und das war eine Menge.
Zuerst war Lord Hagen ins Minental abgezogen um die dort von den Orks belagerte Burg zu befreien und seitdem hatte man nichts mehr von ihnen gehört. Dann hatte irgendein Unbekannter das Schiff der Paladine geklaut, was die in der Stadt gebliebenen Krieger des Königs sehr verärgert hatte. Und diesen Ärger bekamen die Bewohner von Khorinis zu spüren. Duncan war auch nicht verschont geblieben. Genau wie der restlichen Bevölkerung hatten ihm die Paladine immer mehr Gold abgeknöpft, mit der Ausrede, dass es mehr Steuern gebe. Klar, dass da Lehmar, der Geldverleiher, gute Geschäfte machte. Natürlich wurden auch die Händler, welche gerade in der Stadt waren, um ihr Geld betrogen. Als logische Folge wurden dann die Preise erhöht, wodurch die armen Leute aus dem Hafenviertel noch ärmer wurden und sich kaum noch das notwendigste zum Leben leisten konnten.
„Das ist vielleicht eine Menge.“, meinte Orlan nachdem Duncan geendet hatte.
„Das kannst du laut sagen. Sogar meine Hütte haben sie beschlagnahmt, weil ich meine Steuern nicht zahlen konnte. Sie haben einfach meine Möbel genommen und ins Hafenbecken geworfen, und jetzt dient meine schöne Hütte als Lagerhaus!“ Duncan spuckte das letzte Wort fast aus.
„Das ist schlimm. Ich bin froh, dass ich nicht in der Stadt wohne.“, antwortete Orlan daraufhin.
„Ach, das ist doch mittlerweile auch egal.“ Duncan nahm einen großen schluck Bier. Es schmeckte kühl und frisch, genau so wie ein Bier schmecken sollte. „Aber sag mal, Orlan,“, wollte Duncan wissen, „Was ist eigentlich mit dem Gast, der da hinten in der Ecke gesessen hat?“
„Ach, du meinst wohl den Kapuzentyp?“
„Ja genau den. Wer ist das?“
„Keine Ahnung. Den hab ich hier zum ersten mal gesehen. Jetzt wo du`s sagst , wo ist der eigentlich hin?“
„Ich weiß nicht. Der war einfach weg.“
„Tja, der war aber auch ein seltsamer Kerl! Ist noch vor dem Gewitter gekommen. Er wollte nur ein Bier und einen Eintopf. Und sonst hat er nichts weiter gesagt und hat hier bestimmt zwei Stunden gewartet, bis das Gewitter losging. Und jetzt ist er weg!“
„Und das bei dem Regen. Na, wenigstens hat er sein Essen bezahlt.“, antwortete Duncan und zeigte auf die Silberstücke.
„Na, immerhin.“, meinte Orlan. Er stand auf und nahm das Geld vom anderen Tisch.
„Orlan, sag mal, hast du noch trockene Klamotten?“, wollte Duncan wissen und zeigte an sich herunter. Seine Klamotten klebten geradezu auf seiner Haut.
„Klar, oben ist eine Truhe. Da dürfte noch mein alter Stadtanzug drin sein. Nimm ihn dir ruhig.“
Duncan stand nun ebenfalls auf und ging nach oben. Dort ging er zur Truhe und nahm den Anzug raus. Er zog seine nassen Klamotten aus bis er nur noch in Unterhose dastand. Seine Haut war überall feucht und fühlte sich klebrig an. „Na hoffentlich hat Orlan nichts dagegen, dass ich seine Bettdecke zum Abtrocknen benutze.“, dachte er während er sich mit der Bettdecke trocken rieb.
Endlich war er trocken und konnte sich den Anzug anziehen. Er sah wirklich schick aus, rotes Purpur mit einem gelben Band. Kein Vergleich zu seiner alten Lederrüstung, die nur langweilig braun aussah.
Duncan sah sich im Spiegel an. Der Anzug passte perfekt, als wäre er nur für ihn geschneidert worden. Duncan drehte sich um und erschrak fürchterlich: Der Kapuzenmann stand direkt hinter ihm im Zimmer und starrte ihn an. Wie war er da nur hingekommen, ohne dass Duncan ihn bemerkt hatte?

Zugefügt (2010-12-03, 0:23 Am)
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„Wer... wer bist du?“ fragte Duncan unsicher. Der Mann schwieg. „Was willst du von mir?“ wollte Duncan wissen. Wieder schwieg der Mann und starrte ihn weiter an. „Wie bist du hier so unbemerkt reingekommen?“ Duncan schwirrten Tausende Fragen durch den Kopf.
„Fragen, lauter Fragen. Du fragst zu viel, Duncan. Alles, was du wissen musst wirst du zu gegebener Zeit erfahren.“, sagte der düstere Mann mit einer eisigen Stimme. Duncan war verblüfft. Wer war dieser Mann? Und woher kannte er Duncans Namen?
„Im Moment musst du nur eins wissen: Du brauchst mich!“ redete der Mann weiter.
„Was?“ Duncan war jetzt total verwirrt. Wovon redete dieser komische Typ nur?
„Du hast mich schon richtig verstanden. Ich bin deine letzte Hoffnung!“ behauptete der Mann und zog seine Kapuze herunter. Er hatte schwarzes, kurzes haar, das sich an den Enden leicht kräuselte. Sein Gesicht sah furchterregend aus. Über seine linke Gesichtshälfte zog sich eine tiefe Narbe, die sogar über sein Auge ging. Aller Wahrscheinlichkeit nach war er auf diesem Auge blind. Ansonsten trug er eine schwarze Robe, ein sicheres Zeichen dafür, dass er Magier war, da nur Magier eine Robe tragen durften. Duncan vermutete, dass er ein Magier Beliars war.
„Was meinst du damit, meine letzte Hoffnung?“ Duncan bekam eine Gänsehaut.
„Komm mit mir, und ich werde es dir zeigen.“ Der Schwarzmagier streckte ihm seine Hand entgegen.
Duncan musste nicht lange überlegen: „Nein, niemals wird ich mit einem Diener Beliars mitkommen. Das kannst du völlig vergessen!“
Der Magier wirkte keineswegs überrascht. Er lächelte sogar. „Wie du meinst. Ich werde unten im Schankraum warten. Mein Angebot steht noch.“ Mit diesen Worten zog sich der Magier seine Kapuze wieder über und ging die Treppe runter.
Duncan starrte ihm nach. Der Mann war sich seiner Sache anscheinend sicher. Das war Duncan unheimlich. Er saß wieder an seinem Platz ganz hinten in der Taverne.
Orlan bediente gerade wieder ein paar Gäste. Draußen zuckten Blitze, und gleich danach kam der Donner. „Na, dieses Unwetter wird hoffentlich nicht mehr lange anhalten.“, sagte Orlan gerade zu seinen Gästen. Der Regen prasselte laut auf das Dach der Taverne. Duncan ging nachdenklich nach unten und setzte sich an seinen Tisch in der Ecke gegenüber vom Magier. Er starrte Duncan weiterhin an. Duncan versuchte wegzusehen, aber irgendetwas faszinierte Duncan an diesem Mann. Duncan konnte irgendwie nicht anders als zurückzustarren.
Ein Blitz zuckte und man konnte eine schwarze Gestalt an der Tür ausmachen. Sofort brachen die Gespräche ab und alle Blicke richteten sich auf die Gestalt. Duncan konnte sie erst gar nicht genau erkennen, da der Blitz ihn blendete. Dann sah er sie klar und deutlich: Es war ein Paladin in einer dreckigen Rüstung. Überall auf ihm klebte Blut, auf der Rüstung, auf seinem Schwert und in seinem Gesicht. Er machte mühsam zwei Schritte in den Schankraum, dann brach er zusammen. Alle waren starr vor Schreck, aber Orlan lief zu dem Paladin hin und kniete sich neben ihn. Duncan und die anderen Gäste konnten trotz des lauten Regens genau verstehen, was der Paladin flüsterte : „Orks... Sie... sind... über ... den Pass.... gekommen... Flieht.. so .. lange ihr... noch ... „ Das letzte Wort sprach er nicht mehr aus. Seine Augen starrten in den Himmel als sein Körper erschlaffte.
In der ganzen Taverne sagte keiner ein Wort als Orlan die leblosen Augen des Paladins schloss. „Innos möge deiner Seele gnädig sein.“, flüsterte er. Dann sagte er laut: „Ihr habt ihn gehört! Die Orks sind im Anmarsch. Wir müssen fliehen! Alle! Sofort!“ Da kam Bewegung in die Bauern. Wie als hätten sie sich abgesprochen sprangen alle von ihren Stühlen auf und rannten in Richtung Tavernentür. Auch Duncan stand auf. Als der Erste die Tür erreichte, flog er plötzlich durch den Raum und schlug an der Wand auf. Er blutete stark. Sofort wichen die anderen Gäste von der Tür zurück, als dort ein Ork erschien Man konnte sein grausiges Brüllen hören, ein Brüllen, das Duncan nie in seinem Leben vergessen würde. Mit hoch erhobener, blutige Waffe stürmte er in den Schankraum und schlug auf den nächsten Bauern ein. Hinter ihm konnte man weitere Orks erkennen, welche ebenfalls in die Taverne stürmten. Man konnte das Brechen der Knochen hören, als ein Ork einem Bauern den Schädel spaltete. Überall in der Taverne spritze Blut herum. Der ganze Boden war rot, es lagen bereits zwei Bauern am Boden ehe Duncan realisieren konnte, was passierte. Ein Ork trennte gerade einem Menschen den Kopf von den Schultern. Stahl traf auf Stahl. Jemand schrie, bevor der Schrei ruckartig aufhörte. Duncan sah sich um: Die Orks hatten den einzigsten Ausgang versperrt. Es gab kein Entkommen.
Duncans Blick fiel auf den Schwarzmagier, der sich noch keinen Zentimeter von seinem, Platz bewegt hatte. Was hatte er noch mal gesagt? „Du brauchst mich. Ich bin deine letzte Hoffnung„ hatte er gesagt, schoss es Duncan durch den Kopf. Orlan schlug einen Ork nieder, aber der nächste rammte ihm ein Schwert in den Bauch, sodass er zusammenbrach. Er ließ noch einen letzten Schrei los, ehe er qualvoll starb. Duncan rannte so schnell er konnte zum Schwarzmagier. Es war pure Verzweiflung, als er zum Schwarzmagier brüllte: „Ich komme mit dir!“ Dieser blieb ganz ruhig, nickte und streckte Duncan seine Hand hin. Duncan zögerte nicht lange, sondern griff nach ihr. Der Magier begann, etwas zu murmeln. Duncan blickte sich panisch um und bemerkte einen Ork, der genau auf ihn zustürmte. Außer ihm und dem Magier war keiner mehr in der Taverne am Leben. Duncan blickte dem Ork direkt in die vor Blutdurst glühenden Augen. Er rannte auf sie zu und erhob seine Waffe. Er holte aus. Duncan schloss die Augen. Die Waffe fuhr auf Duncan nieder. Dann wurde ihm Schwarz vor Augen.

Zugefügt (2010-12-03, 0:23 Am)
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Kapitel 2

Duncan öffnete die Augen.
Es war dunkel im Zimmer. Er schloss seine Augen wieder. Sein Kopf schmerzte fürchterlich. Was war geschehen? Er brauchte ein paar Momente, um zu realisieren, wo er sich befand. Da fiel ihm alles wieder ein: Die Orks, das Gebrüll, das viele Blut, Orlan, wie er zusammenbrach, der Ork, der auf ihn zustürmte. Er hatte bereits mit dem Leben abgeschlossen, und jetzt lag er in diesem Raum.
Wie um alles in der Welt kam er hierher? Er öffnete seine Augen erneut und blickte sich im Raum um. Es war ein schlichtes Zimmer aus Steinwänden. Er lag auf einem schäbigen Bett und in einer anderen Ecke des Raums war ein kleiner Strohhaufen. An den Wänden hingen verrostete Ketten, die aussahen, als hätte man sie schon lange nicht mehr benutzt. Sonst gab es nichts auffälliges in diesem Raum.
Doch, da gab es etwas. Der Raum hatte weder Tür noch Fenster. Aber dennoch war es auf geheimnisvolle Weise nicht komplett dunkel in dem Raum sondern nur etwas dämmrig. Aber wie war er hier reingekommen? Das muss der Magier gewesen sein. Es konnte gar nicht anders sein.
Wie viel Zeit mochte seit dem Orkangriff vergangen sein? Er wusste es nicht.
Langsam stand Duncan auf. Seine Gelenke schmerzten ein bisschen und sein Rücken tat weh. Er sah an sich herunter und wunderte sich. Wo war Orlans feiner Stadtanzug geblieben? Stattdessen trug er einen Novizenrock. Aber keinen wie er sie immer in Khorinis gesehen hatte, sondern einen tiefschwarzen. Wo kam der her? Und wie um alles in der Welt hatte dieser Typ es geschafft, ihn so anzuziehen? Und wer ist das überhaupt? Duncan schwirrten Tausende Fragen durch den Kopf, aber es war keiner da, der sie hätte beantworten können.
Er stand auf. Es musste doch einen Weg hier rausgeben. Es gab immer einen Weg raus. Er begann damit, die Wände seines Raumes abzusuchen, in der Hoffnung, dass irgendwo ein loser Stein wäre. Obwohl er sich vorwärts tastete und überall an den wänden und am Boden fühlte, gab es nirgends auch nur ein Anzeichen dafür, dass ein Stein locker wäre. Duncan war verzweifelt. Gab es denn nirgends einen Weg hier raus?
Er war ein Gefangener.

Als Duncan erwachte fühlte er sich hungrig. Am Tag zuvor hatte er jeden Quadratzentimeter seiner Zelle abgesucht, doch er hatte keinen Ausweg gefunden. Also war er früh schlafen gegangen. Der schlaf war nur sehr langsam gekommen. Und jetzt lag er auf seinem Bett und starrte Löcher in die Luft. Die Lage war hoffnungslos. Es gab keinen Ausweg.
So langsam meldete sich sein Magen. Er hatte Hunger. Großen Hunger sogar. Wie als hätte jemand es geplant fiel Duncans Blick auf den Boden vor seinem Bett: Irgendjemand hatte dort ein Tablett hingestellt. Wie sollte das hier reingekommen sein? Aber das war Duncan im Moment egal. Er war einfach nur froh, etwas zu essen zu haben. Auf dem Tablett war zwar nur ein Brot und eine Flasche Wasser, aber immerhin war es etwas. Es kam ihm vor, als hätte er schon seit Wochen nichts gegessen.
Genüsslich biss er ins Brot. Es schmeckte frisch, war sogar noch leicht warm. Das Brot hatte einen herrlichen Geschmack, war aber auch ein bisschen zäh. Moment mal! Brot schmeckt doch nicht zäh. Duncan schaute sich das Brot genauer an. Da steckte ein Zettel drin.
Duncan nahm den Zettel aus dem Brot und las ihn: „Erinnere dich!“ Jetzt war er erst recht verwirrt. Was sollte das heißen?
Duncan las den Zettel wieder und wieder, aber er verstand nicht, was dieser Satz bedeuten sollte. Erinnere dich! An was sollte er sich erinnern? Und wie sollte ihm das hier raushelfen? Erinnere dich! Je länger Duncan über diese beiden Worte nachdachte desto sicherer wusste er, dass dies sein einzigster weg nach draußen war. Erinnere Dich! Aber wie?
Er dachte den ganzen Tag darüber nach. An was sollte er sich erinnern? An seine eigene Vergangenheit erinnerte er sich nur sehr ungern. Duncan war Waise. Er hatte seinen Vater nie kennen gelernt. Seine Mutter hatte ihm immer erzählt, sein Vater wäre ein großer Krieger gewesen, der von einem Ork getötet wurde als sie mit ihm schwanger war. Seine Mutter war ebenfalls tot. Sie wurde beim Beerensammeln im Wald von Wölfen angegriffen und getötet. Man hatte nur noch ihre zerfressene Leiche gefunden. Duncan war damals erst 12 gewesen. Er hatte seine Mutter sehr lieb gehabt, sie war die einzigste Verwandte, die er hatte. Es war die härteste Zeit seines Lebens gewesen, obwohl er noch Glück gehabt hatte, weil er an diesem Tag daheim geblieben war. „Wäre ich nur auch mit ihr gekommen, dann hätte ich die Wölfe getötet und sie wäre noch am Leben.“, hatte er gesagt. Damals fasste er den Entschluss, Jäger zu werden; er wollte die Wölfe töten, die seine Mutter ermordet hatten. Also war er bei Bartok in die Lehre gegangen. Er war immer sehr gut zu ihm gewesen, er hatte ihn bei sich aufgenommen und ihn unterrichtet. Bartok war für ihn wie ein Vater gewesen. Mittlereile war Duncan 24 und hatte hunderte Wölfe getötet, ob die dabei waren, die seine Mutter auf dem gewissen hatten, hat er nie erfahren.
Seine Mutter war immer sehr gut zu ihm gewesen. Sie hat sich immer die größte Mühe gegeben, damit Duncan eine glückliche Kindheit verbringen konnte. Sie hatten im Hafenviertel gewohnt, der ärmlichsten Gegend von ganz Khorinis. Seine Mutter war die aufopferungsvollste Frau, die er gekannt hatte, obwohl sie selber kaum etwas besaß. Jede einzelne gesparte Münze hatte sie immer ihm gegeben, damit er sich etwas schönes kaufen konnte, wenn er wollte. Aber Duncan hatte das Gold immer in eine Truhe unter seinem Bett versteckt. Wenn es zu wenig zu essen gab, hatte seine Mutter freiwillig auf ihre Portion verzichtet, damit ihr kleiner Sohn genug hatte. Duncan vermisste sie. Früher einmal, so hatte ihm seine Mutter erzählt, als sein Vater noch gelebt hatte, hatten sie im oberen Viertel gewohnt und waren sehr wohlhabend gewesen. Aber mit seinem Tod begann der soziale Abstieg. Duncan hatte nie eine Hütte außerhalb des Hafenviertels besessen.
Er mochte diese Erinnerungen nicht. Er verabscheute seine Vergangenheit und wollte nichts von ihr wissen.
Bei dem Gedanken an seine Mutter stiegen ihm Tränen in die Augen, doch bevor diese herauskullern konnten, wischte er sie schnell ab. Das Letzte, das er jetzt brauchen konnte, war Schwäche zu zeigen. An was sollte er sich nur weiter erinnern?
Er dachte den Rest vom Tag darüber nach, aber ihm fiel nichts ein. In diesem dunklen Raum hatte er jegliches Zeitgefühl verloren, er wusste nicht, welche Zeit es war. Es hätte gerade Mitternacht sein können, aber genauso gut auch Sonnenaufgang oder Nachmittag.
Mit der Zeit wurde er müde. Also legte er sich schlafen. Es dauerte lange, bis er endlich einschlafen konnte. Aber selbst in der Nacht ließ ihm dieser Satz keine Ruhe. Er träumte, dass er mit seiner Mutter im Wald Beeren pflücken war. Er, der 12-jährige Junge, der kaum mit einem schweren Ast umgehen konnte, begleitete seine Mutter an diesem Tag. Am Tag ihres Todes. Aber an diesem Tag war er doch gar nicht dabei gewesen. Was hatte das zu bedeuten?
Sie gingen aus der Stadt raus während sie fröhlich miteinander lachten. Er hatte viel Spaß mit ihr und sie liefen weiter in den Wald hinein, immer auf der Suche nach Waldbeeren. Sie kamen an einem geeigneten Gebüsch an, das viele Beeren trug. Sofort machten sie sich ans Pflücken. Sie redeten viel und hatten viel Spaß. Keiner von ihnen bemerkte die Wölfe, die sich leise von hinten näherten. „Nein!“ rief Duncan laut. Aber weder seine Mutter noch sein Traum-Ich konnten ihn hören. Sie pflückten einfach unbekümmert weiter. Dann schlich der erste Wolf auf seine Mutter zu. „Dreh dich um!“ rief er wieder, aber wieder reagierte keiner von beiden. Der erste Wolf rannte auf seine Mutter zu. Er hechelte laut. In diesem Moment drehte sich seine Mutter um und schrie, als der Wolf auf sie zurannte. Sie drehte sich um und wollte wegrennen aber der Wolf war zu schnell. Er sprang seiner Mutter in den Rücken und biss ihr in den Hals. Sie fiel um und war tot. Der kleine 12-jährige Duncan stand noch immer bewegungslos nebenan. „Lauf Weg!“ rief Duncan, doch der kleine Junge reagierte nicht. Er stand immer noch wie erstarrt da und sah mit an, wie seine Mutter von Wölfen zerfleischt wurde. Das komische war, dass der kleine Junge nicht erschrocken darüber war, nein, er lächelte sogar, als die Wölfe Stücke aus seiner Mutter herausrissen.
„NEIN!“ rief Duncan, aber die Wölfe zerfleischten seine Mutter weiter. Das konnte nie im Leben er sein, der da stand. Er war damals nicht dabei gewesen. Aber wer war das dann? Der kleine Junge stand neben der zerfleischten Leiche seiner Mutter und sagte mit eisiger Stimme: „Endlich bin ich dich los.“

„NEIN!“
Duncan wachte mit einem Schrei auf. Sein Bett war nass geschwitzt und er zitterte. Er brauchte einige Sekunden, um zu begreifen, dass es nur ein Traum gewesen war. Er atmete tief durch und setzte sich aufrecht hin. „Mann, was für ein Traum,“, sagte er zu sich selbst, “Also wenn es das ist, woran ich mich erinnern soll, dann will ich nichts davon wissen!“
Duncan überlegte und versuchte noch mal, alles zu wiederholen, an das er in den letzten paar Stunden gedacht hatte. An was genau sollte er sich nur erinnern?
Seine Mutter war tot. Sein Vater war tot. Er fühlte sich verlassen. Alleine in einer Welt, in der Tausende Menschen lebten. Und keiner von denen konnte jemals seine Eltern ersetzen.
Duncan wollte losheulen und es war niemand da, der seine Tränen hätte zurückhalten können. Etwas feuchtes floss über seine Wange, er weinte. Er war wütend auf die ganze Welt, aber ganz besonders war er auf sich wütend. Wäre er nur an diesem Tag dabei gewesen, dann hätte er seine Mutter beschützen können. Er fühlte sich schuldig an ihrem Tod.
„Ich habe sie umgebracht!“ rief er laut und vergrub seinen Kopf in seinen Armen.
Tränen flossen über sein Gesicht und er weinte.

Er hörte ein Knirschen wie als ob Stein an Stein reibt. Aber das interessierte Duncan im Augenblick nicht. Er wollte mit seinem Schmerz und seiner Trauer allein sein.
„Duncan.“
Duncan wurde aus seinen Gedanken gerissen. Vor ihm stand ein Mann, ungefähr in seinem Alter und er hatte den gleichen Novizenrock an. Duncan starrte ihn an.
„Komm mit, Duncan. Es ist soweit.“, sagte er.
Duncan war irritiert. Wer war das?
Der Mann drehte sich um und ging durch eine Öffnung in der Wand. Vorhin war die noch nicht da gewesen. Wo kam die denn so plötzlich her? Er zögerte nicht, sondern lief dem Mann hinterher. Nur raus aus dieser Zelle. Kaum hatte Duncan einen Schritt durch die Steintür gemacht, hörte er wieder dieses schabende Geräusch: Die Steine schoben sich zusammen und man konnte nicht mehr erkennen, dass es hier jemals einen Eingang gegeben hatte. Sie gingen einen langen gang entlang, Wasser tropfte von der decke. Duncan hörte das Quieken der Ratten.
„Wohin bringst du mich?“, wollte Duncan mit rot geweinten Augen wissen.
Der Mann antwortete nicht.
„Warum will mir hier keiner sagen, was hier los ist?“
Wieder keine Antwort. Der Mann lief einfach weiter.
„Was soll das. Warum antwortest du mir nicht?“
Jetzt drehte sich der Mann doch um und sah Duncan tief in die Augen. „Deine Fragen werden dir zu gegebener Zeit beantwortet.“, sagte er auf geheimnisvolle Weise. Dasselbe hatte auch schon der komische Schwarzmagier gesagt.
Sie kamen an eine Treppe und der Mann blieb stehen. Er sagte zu Duncan: „Ab hier wirst du alleine weitergehen müssen“
„Wohin führt diese Treppe?“ wollte Duncan wissen.
Der Mann antwortete nur: „Geh sie hoch und finde es heraus.“ Mit diesen Worten drehte er sich um und ging den Gang zurück.
Duncan zögerte. Was mochte ihn dort oben erwarten? Er überlegte lange, bevor er sich entschloss, dass dies die einzigste Möglichkeit war, in Erfahrung zu bringen, was hier vor sich ging. Langsam, Schritt für Schritt nahm er die Stufen und lief hoch. Die Treppe schien endlos zu sein.
Endlich, nach Minuten, die ihm wie eine Ewigkeit vorkamen, erreichte er eine Tür. Duncan wartete einen Augenblick, dann stieß er sie auf.
Dahinter war ein großer Raum. Duncan trat ein. Es war nicht viel in diesem Raum, nur ein Alchemietisch, ein Bett, ein Kamin und ein Regal mit Büchern. Auf dem Boden war ein Pentagramm eingezeichnet, und an jeder Ecke des Sterns brannte eine Kerze. Vor dem Kamin stand ein Sessel. Und in diesem Sessel saß jemand. Duncan konnte nicht erkennen, wer es war, da die Person ihm den Rücken zuwandte. Duncan ging langsam auf die Person zu.
„Hallo Duncan.“, sagte die Person, ohne sich umzudrehen. Es war die Stimme von dem Schwarzmagier.
Duncan blieb stehen. „Wer bist du?“ wollte er wissen.
„Duncan. Genauso neugierig wie eh und je.“, sagte der Mann in dem Sessel in einem beruhigenden Tonfall. Langsam stand er auf und ging auf den brennenden Kamin zu. Duncan konnte sein Gesicht immer noch nicht sehen, aber der Mann hatte langes, dunkelbraunes Haar, ganz anders als der Schwarzmagier.
„Wie lange hab ich geschlafen? Warum bin ich hier? Und wer bist du?“ sprudelte es aus Duncan heraus.
„Ach Duncan, wenn das so einfach zu erklären wäre.“
„Versuchs doch.“
„Na schön. Aber es wird nicht leicht werden.“ Der Mann atmete tief durch und drehte sich um. Er sah nicht viel älter aus als Duncan. „Duncan, ich bin dein Vater.“
Duncan fiel die Kinnlade runter. Dieser Mann sollte sein Vater sein? „Das ist unmöglich! Mein Vater ist tot!“ sagte er bestimmt.
„Ja, das ist er.“, meinte der Mann. „Er ist vor langer Zeit gestorben, noch bevor du geboren wurdest.“ Der Mann war Duncan unheimlich. Woher wusste er so viel über ihn? „Das hat dir deine Mutter immer erzählt,“, fuhr er fort, „Ach ja, ich erinnere mich noch an deine Mutter. Sie war so eine tolle Frau gewesen. Ich vermisse sie.“
„Was?“, fragte Duncan, „Du kanntest meine Mutter?“
Der Mann lächelte. „Duncan, ich bin dein Vater. Da muss ich doch deine Mutter gekannt haben, meinst du nicht?“
„Unmöglich. Du bist viel zu jung, um mein Vater zu sein.“
„Nun, ich habe viele Gesichter. Zwei davon hast du ja bereits kennen gelernt.“
„Der Magier in der Taverne! Und der Novize!“
Der Mann nickte.
„Aber... Aber warum hast du dann Mutter damals verlassen?“
Der Mann schüttelte den Kopf. „Das war für mich damals nicht leicht. Alle dachten damals, ich wäre von einem Ork getötet worden. Aber das stimmt nicht. Ich wurde nur schwer verwundet. Eigentlich hätte ich sterben müssen, aber irgendwie konnte ich nicht. Beliar ließ mich nicht sterben. Ich erlitt schreckliche Qualen. Also musste ich einen Pakt mit ihm schließen: Er würde mich heilen und mich lange leben lassen. Als Gegenleistung dafür musste ich meine Familie verlassen und ihm dienen. Die einfachste Lösung war da einfach, meinen Tod vorzutäuschen.“
„Und warum ausgerechnet du? Warum nicht einer der anderen Paladine?“
„Um das zu verstehen, musst du wissen, dass es zwei Arten von Magie gibt: Die Runenmagie und die wahre Magie. Die Runenmagie, die schwächere von beiden, kann jeder Bauer erlernen. Aber um die wahre Magie zu erlernen, musst du bestimmte körperliche Voraussetzungen erfüllen, und die hat nicht jeder.“
Jetzt war Duncan neugierig geworden. „Was für Voraussetzungen?“, wollte er wissen.
Der Mann lächelte. „Weißt du, es gibt eine bestimmte Art von Energie. Diese Energie nennt sich Mana. In Runensteinen ist dieses Mana enthalten. Allerdings verbraucht es sich beim Zaubern, weshalb man Runensteine immer aufladen muss. Es gibt aber Leute, die brauchen keine Runensteine, um Zauber zu benutzen. Diese Leute haben einen sogenannten `Manafluss` in sich. Mit diesem Mana in sich können sie Zauber beliebig oft und ohne Hilfsmittel ausüben. Und ich habe so einen Manafluss in mir. Deshalb hat Beliar mich am Leben erhalten.“
„Und dann hast du die schwarze Magie gelernt und ihm gedient!“
„Du bist ein heller Bursche, Duncan. Genauso war ich auch, als ich so jung war wie du.“
„Wenn du doch Magie gelernt hast, warum hast du Mutter nicht helfen können?“
„Es gehörte zu meinem Pakt, dass ich mich von meiner Familie trennen muss, wie hätte ich da hingehen können und ihr helfen können? Außerdem war es schon zu spät, ehe ich erfuhr, was geschehen war.“, versuchte er sich zu verteidigen.
„Aber wenn du uns doch verlassen musstest, warum bin ich dann hier?“
„Beliar hat sich wieder gemeldet. Er sagte, ich solle einen neuen Schüler finden, der ebenfalls einen Manafluss in sich hat.“ Er machte eine Pause. „Du bist mein Sohn, Duncan. Du hast auch den Manafluss in dir. Du hast ihn von mir geerbt.“
Duncan verstand die Welt nicht mehr. „Du willst also, dass ich dein Schüler werde.“
„Ja.“
„Nein! Ich werde mich nie der Dunklen Seite zuwenden! Niemals! Und jetzt bring mich nach Hause!“, rief Duncan. Er schrie fast, so sehr regte er sich auf.
Der Diener Beliars versuchte seinen Sohn zu beruhigen. „Hör mir zu! Du kannst nicht mehr nach Khorinis zurück!“
„Warum nicht? Habt ihr vor, mich hier gefangen zu halten?“
„Nein. Du kannst gehen, wann du willst.“
„Na dann lass mich hier raus!“
„Wie du willst, mein Sohn. Aber vorher solltest du wissen, dass Khorinis von den Orks überrannt worden ist.“ Er holte tief Luft. „Alle, die du kanntest sind tot.“
Duncan sah man den Schock ins Gesicht geschrieben. Für ihn brach eine Welt zusammen. Es war, als würde er den Boden unter den Füßen verlieren und in ein endloses, schwarzes Nichts fallen. Alle seine Freunde waren... weg. Einfach so. Bartok. Bosper. Regis. Matteo. Coragon. Zuris. Daron. Abuyin. Hanna. Edda. Carl. Brahim.
Er würde nie wieder in sein altes Leben zurückkehren können.

„Warum tust du mir das an?“ fragte er mit weinerlicher Stimme und Tränen in den Augen.
„Was habe ich dir getan? Ich habe dir das Leben gerettet, sonst nichts.“
„Du hast dafür gesorgt, dass ich den schrecklichsten Moment meines Lebens noch mal erlebe! Ich habe meine Mutter sterben sehen. Warum nur? Warum?“
„Duncan, deine Vergangenheit ist ein Teil von dir. Sie hat dich zu dem gemacht, was du heute bist. Deine Mutter ist ein Teil von dir. Ich bin ein Teil von dir. Nur wenn du deine Vergangenheit und dich selbst akzeptierst, kannst du stark sein!“
„Du bist kein Teil von mir!“, schrie Duncan, „Ich habe keinen Vater!“
Mit diesen Worten rannte er aus dem Zimmer die Treppe runter. Sein Vater schaute ihm traurig nach.
Duncan rannte den Gang entlang bis zu der Stelle, an der er herausgekommen war. Die Tür war geschlossen. Er war in eine Sackgasse gelaufen. Es gab keinen anderen Weg. Voller Verzweiflung legte er seine Hände an die Mauer und senkte den Kopf. Er weinte. Er weinte allen Schmerz heraus, den er in den letzten Stunden erfahren hatte.
Nach einer Weile blickte er auf und sah den Novizen. „Lass mich in Ruhe!“ schnauzte er ihn an.
Der Novize schwieg und schaute Duncan an. Duncan schaute zurück. Bedauern war im Blick des Novizen, oder besser gesagt im Blick seines Vaters, zu sehen. In Duncans Augen sah man nichts als Verzweiflung und Wut. So standen sie eine Weile da und starrten sich gegenseitig an. Schließlich sagte Duncan, der sich ein wenig beruhigt hatte: „Lass mich gehen!“
Sein Vater sah ihn an, nickte dann und sagte zu ihm: „Komm mit.“. Er ging zur Treppe. Duncan folgte ihm. Sie gingen bis zur Tür. Duncans Vater machte eine kurze Handbewegung und es schoben sich ein paar Steine zur Seite. Dahinter ging die Treppe weiter. Der Novize ging weiter. Duncan sah sich die Maueröffnung an und fragte sich, wie viele es von diesen versteckten Türen in diesem Gebäude wohl geben möge. Dann lief er aber schnell dem Novizen hinterher, als dieser nicht mehr zu sehen war.
Schließlich ging die Treppe nicht mehr weiter und sie standen in einem runden Raum. Der Novize machte wieder eine kurze Handbewegung. Sofort erhob sich das Dach des Gebäudes mitsamt den Außenmauern in die Luft. Duncan sah sich um.
Sand.
Sand
Überall war nur Sand!
Er selbst stand auf der spitze eines großen Turmes, der sich inmitten dieser Sandwüste erhob. Die Sonne stand hoch am Himmel und in der Ferne flackerte die Luft. Ansonsten konnte man nichts erkennen, noch nicht einmal, wo der Horizont anfing.
„Du kannst gehen, wann und wohin du willst.“, sagte der Novize mit einem ernsten Gesichtsausdruck, „Aber du solltest dir gut überlegen, wo deine Überlebenschancen besser stehen. Da draußen oder hier.“
Duncan blickte ungläubig auf den Sand. Wie um alles in der Welt war er nur hierher gekommen? Er blickte zu seinem Vater, dann wieder auf den Sand, dann wieder auf seinen Vater. Schließlich sagte er: „Deine Argumente sind wirklich überzeugend, aber ich möchte doch lieber gehen.“
„Wie du willst, mein Sohn. Du kannst gehen.“ Mit diesen Worten ging er die Treppe runter.
Duncan ging zum Rand des Turmes und blickte nach unten. Dort ging es bestimmt zwanzig Meter in die Tiefe. Er wich zurück. Diese Höhe sollte er runterklettern? Das würde er doch nie im Leben überleben.
Er blickte noch einmal runter. Dann wieder auf die Treppe. Dann noch einmal auf den Sand. Dann noch mal auf die Treppe. Duncan sah keinen Ausweg.

Kapitel 3

„Ich werde dein Lehrling sein!“
Duncan stand vor seinem Vater, der wieder das Aussehen des Schwarzmagiers mit der Narbe angenommen hatte. Er hatte lange mit sich gerungen, ehe ihm dieser Satz über die Lippen kam.
Der Magier nickte. „Ich wusste, dass du dich richtig entscheiden würdest, Duncan.“. Er stand auf. „Beginnen wir mit dem unterricht.“
„Wie, jetzt schon?“ wollte Duncan wissen.
„Man kann nie früh genug beginnen. Mach dich auf kurze Nächte und harte Studien gefasst.“
„Na schön.“ Duncan gab sich geschlagen. Er hatte keine Wahl.
„Gut. Fürs Erste richt es, dass du mich `Meister` nennst, okay?“
„Natürlich... Meister.“
„Gut, dann beginnen wir mit der ersten Übung. Du musst lernen, das Mana in deinem Körper zu kontrollieren. Es reicht nicht einfach nur, es ab und zu kommen zu lassen. Du musst es rausholen können, wann immer du es willst! Dein Leben könnte davon abhängen.“
„Ja, Meister“
„Konzentrier dich.“ Er nahm Duncans Hände und drückte sie vor seinem Oberkörper nach unten. „Konzentrier dich. Fühle das Mana. Lebe das Mana!“
Duncan schloss die Augen und atmete langsam ein und aus. Er versuchte sich zu konzentrieren, aber irgendwie bekam er es nicht hin. Es war zu viel passiert in den letzten Stunden.
„Konzentrier dich!“ sagte eine Stimme vor ihm. Das war nicht die Stimme des Schwarzmagiers gewesen. Duncan öffnete die Augen. Sein Vater war nicht mehr da. Er war ganz alleine in dem Raum. Aber woher sollte diese Stimme gekommen sein? Außer ihm war niemand anderes da.
Duncan schloss erneut die Augen. Wieder sagte die geheimnisvolle Stimme: „Konzentrier dich! Spüre die Energie! Lass sie fließen!“
Duncan versuchte, sich zu konzentrieren. Er versuchte, das Mana durch seinen Körper strömen zu lassen.
Es kribbelte leicht. Es wurde langsam stärker und breitete sich aus. Es durchdrang Duncan und ging ihm durch Mark und Bein. Einerseits fühlte es sich angenehm an, aber irgendwie auch nicht.
Plötzlich durchfuhr Duncan ein Ruck und er erhob sich einige Zentimeter in die Luft. Es war ein gutes Gefühl. Duncan spürte die Energie in sich. Er fühlte sich stark genug, um ganze Bäume auszureißen.
Auf einmal ließ das Stärkegefühl nach und Duncan sackte zu Boden. Ihm wurde schwarz vor Augen.

Als er wieder aufwachte lag er in einem Bett. Aber diesmal war es nicht die enge Zelle sondern ein größeres Zimmer, in dem er sich befand. Direkt vor seinem Bett saß sein Vater, immer noch in der Gestalt des Schwarzmagiers. Er beugte sich gerade über Duncan. Als er merkte, dass Duncan die Augen geöffnet hatte wich er zurück. „Du bist aufgewacht.“ Sagte er trocken.
„Was ist passiert?“, wollte Duncan wissen.
„Das erste Mal ist immer das Schwerste,“, erklärte der Schwarzmagier, „Jeder wahre Magier muss diese Prozedur einmal durchlaufen, bevor er zu richtigem Zaubern bereit ist. Jetzt hast du dein Mana freigesetzt. Jetzt steht es dir zur Verfügung. Jetzt kann der Unterricht beginnen!“

Die nächsten Wochen liefen genau gleich ab. Morgens stand Duncan früh auf und musste schon mit dem Studieren beginnen. Mittags gab es zu essen, am Nachmittag wurden Zauber geübt und verbessert, abends trainierte Duncan im Stabkampf. Duncan musste jeden Tag neue Zauber lernen und wirken. Manchmal musste er sie sogar gegen lebende Tiere anwenden, welche sein Meister extra für diese Versuche fing.
Die Tage gingen ins Land. Aus Tagen wurden Wochen, aus Wochen Monate, aus Monaten wurden Jahre. Sein Vater hatte ihn als sehr talentiert bezeichnet, er wäre ein Naturtalent der Magie. Er hatte Duncan alles beigebracht, was er wusste und Duncan hatte noch viel mehr gelernt, indem er auf eigene Faust ausprobierte. Er hatte dafür gerade einmal zwei Jahre gebraucht, wofür andere ihr ganzes Leben brauchen würden. Aber eines hatte Duncan in all der Zeit nie vergessen: Dass Beliar zugelassen hatte, dass seine Mutter und seine Freunde starben!
Mittlerweile war Duncan ein besserer Magier als sein Vater. Außer einer Sache hatte ihm sein Mentor alles beigebracht, was er wusste: Teleportzauber. Vermutlich, weil er wusste, dass Duncan dann sofort die Gelegenheit nutzen und fliehen würde.
An diesem Morgen wartete auf Duncan eine besondere Überraschung. Er studierte wie immer in den alten Büchern seines Vaters und lernte die Formeln auswendig, als dieser eintrat. Er ging auf den Sessel vor dem Kamin zu und setzte sich. „Mein Sohn,“, begann er, „Du hast viel gelernt in der Zeit, die du jetzt schon hier bist. Du bist besser geworden als ich je sein werde. Bist du bereit, auch noch den letzten Schritt zu tun?“
„Und was wäre das?“ wollte Duncan wissen.
„Um die schwarze Robe der wahren Magie tragen zu dürfen, musst du deine Seele endgültig Beliar übergeben!“
Duncan glaubte nicht richtig zu hören. „Was? Meine Seele Beliar übergeben?“
„Ja, und er wird dir ewiges Leben verleihen.“
In Duncan kam der ganze Hass wieder hoch, den er bereits bei Beginn seiner Lehre verspürt hatte. Er sollte Beliar seine Seele geben, genau dem, der ihm alles genommen hatte, was ihm je etwas bedeutet hatte.
„Wir beginnen das Ritual am Nachmittag.“ bestimmte Duncans Meister, ohne dass dieser etwas hätte erwidern können. Mit diesen Worten verließ er den Raum.
In Duncans Kopf schwirrten die verwirrendsten Gedanken umher. Sollte er das wirklich machen? Ewiges Leben - schön und gut. Aber dafür für immer auf der dunklen Seite der Magie stehen? Wie er es drehte und wendete, Duncan beschloss, dass es nur eine Lösung gab.

„Bist du bereit?“
Der Schwarzmagier stand am Ende des Pentagramms in dessen Mitte Duncan stand. Er nickte.
„Gut, dann können wir beginnen. Bleib in der Mitte stehen und tritt keinesfalls aus dem Stern heraus!“ Duncan nickte erneut.
„Wenn du jetzt bereit bist, können wir anfangen.“
„Ich bin bereit!“ sagte Duncan bestimmt.
„Dann beginnen wir jetzt.“ Er schloss die Augen und begann eine Beschwörungsformel zu murmeln. Nach einer Weile erhob er sich in die Luft. Ein bläuliches Schimmern umgab ihn.
Duncan schaute ihn an. Das würden seine letzten Freien Minuten sein. All die Jahre war er frei und unabhängig gewesen und jetzt...
Nein! Das durfte nicht sein!
Duncan hatte sich bereits vor Jahren entschlossen. Er würde niemals Beliar dienen! Und das würde sich auch jetzt nicht ändern!
Es war nur noch ein kurzer Schritt, den Duncan tat, aber er zeigte große Auswirkungen: Er setzte einen Fuß aus dem Pentagramm, bevor sein Meister mit dem Ritual fertig war.
Der Schwarzmagier öffnete die Augen: „NEIN!“, rief er voller Panik, „Was hast du getan!“ Auf einmal war Duncan verunsichert. Hätte er das besser nicht tun sollen?
Plötzlich war der ganze Raum in eine schwarze Wolke gehüllt. Sie drängte sich immer mehr um Duncan und seinen Mentor.
„Warum nur, warum?“ wollte der Magier wissen, „Was habe ich dir getan?“
Jetzt wurde Duncan endgültig von Panik erfasst. Redete er jetzt mit ihm oder mit Beliar?
Die Wolke lichtete sich. Der Raum war von einem hellen Leuchten erfüllt. Man konnte ein leises Pfeifen hören, das immer lauter und unerträglicher wurde. Duncan hielt sich die Ohren zu. Der Ton wurde lauter. Duncan fiel auf die Knie. Er wurde noch lauter. Duncan hatte das Gefühl als würde ihm gleich das Trommelfell platzen. Ihm stiegen Tränen in die Augen. Was hatte er nur getan?
Es gab einen lauten Knall. Das Dach des Turmes wurde weggesprengt. Eine große Hand aus schwarzem Rauch drang ein. Sie hatte keine Finger, nur furchtbare Klauen. Duncan konnte nicht erkennen wo sie herkam. Sie griff nach dem Schwarzmagier. Dieser versuchte wegzukriechen, sich hinter einem umgestürzten Tisch zu verstecken. In seinem Blick konnte Duncan blanke Angst erkennen. Die Hand kam unerbittlich auf den Magier zu. Er warf ein paar umgestürzte Flaschen nach ihr, aber sie flogen einfach durch die Hand hindurch.
Sie griff nach ihm.
„Du hast versagt!“, hörte Duncan eine Stimme, die ihm das blut in den Adern gefrieren ließ. Sie schien von überall zu kommen. „Es war nicht meine Schuld!“, versuchte der Magier sich rauszureden, „Mein Sohn hier...“
„Schweig!“, befahl die Stimme, „Du hast versagt und wirst deine Strafe bekommen!“
Mit diesen Worten zog die Klaue Beliars den Magier mit sich.
„Neeeeeiiiinnn!“, konnte Duncan den Magier hören, dann war alles still.
Duncan konnte es kaum fassen.
Sein Vater war tot. Sein Vater, von dem er nie seinen richtigen Namen erfahren hatte. Sein Vater, der ihn unterrichtet hatte. Sein Vater, der seine Mutter hatte sterben lassen. Und sein Vater, der ihn an Beliar verkaufen wollte. Duncan würde ihm keine Träne nachtrauern.
Er erhob sich langsam. Von der schwarzen Wolke war nichts mehr zu sehen. Das Dach war weg und zeugte als einzigstes noch von dem Schrecken, der hier kurz zuvor stattgefunden hatte und seinen Vater das Leben kostete.
Unerwartet begannen die Wände zu wackeln. Kleinere Steine fielen von oben herab. Dann fielen Größere herunter. Der Turm brach in sich zusammen.
Duncan sah nach oben. Ein großer Stein kam direkt auf ihn zu. Er konnte gerade noch so zur Seite springen, bevor der große Brocken vor ihm auf den Boden einschlug. Reagenzgläser fielen vom Alchemietisch und zersprangen auf dem Boden. „Ich muss hier raus!“ dachte sich Duncan und rannte die Treppe hinauf. Obwohl sie auch in ihre Einzelstücke zerfiel rannte Duncan sie nach oben.
Es gab einen Ruck und das Gebäude begann, im Sand zu versinken. Duncan überfiel langsam die Panik. Er musste hier so schnell wie möglich raus!
Immer zwei Stufen auf einmal nehmend rannte Duncan die Treppe hoch. Immer wieder musste er herabfallenden Steinen ausweichen. Er konnte das Ende sehen. Es fielen immer mehr Steine vom Treppenende runter. Mittlerweile gab es fast keine Turmaußenmauer mehr.
Duncan beeilte sich, die Treppe zu erklimmen. Er nahm noch mal seine ganze Kraft zusammen und rannte. Die Kante kam immer näher. Es bröckelten zwei weitere Stufen ab. Duncan machte einen letzten Schritt und sprang!
Er flog ein paar Sekunden durch die Luft bevor er im Sand aufkam. Der Sand glitt unter seinen Füßen weg und Duncan fiel hin. Er war warm und die Sonne knallte vom Himmel als Duncan sich umdrehte und dem Turm beim Auseinanderfallen und Versinken zusah. Er versank immer tiefer im Sand bis nichts mehr von ihm zu sehen war. Dann war alles still.
Nirgends waren Anzeichen dafür, dass hier einmal etwas gestanden hatte. Der Ort, wo Duncan zwei Jahre seines noch jungen Lebens verbracht hatte war weg. Verschwunden auf ewig. Begraben unter einem Haufen Sand.
Duncan sah sich um. Um ihn herum war nichts als eine endlose Sandwüste. Die Sonne knallte vom Himmel und erhitzte den Sand. Hätte Duncan nicht seine Schuhe angehabt, er hätte sich sicher die Füße verbrannt.
Sein Novizenrock war zerrissen und hing nur noch in Fetzen von seinem Körper. Wo sollte er nur hingehen?
Die Sonne ging gerade unter. Also musste dort Westen sein. Duncan entschied sich dafür, nach Süden zu gehen. Süden ist immer gut. Er ging los.
Nach einer Weile war die Sonne hinter dem Horizont verschwunden und die glühende Hitze verwandelte sich in eine unerträgliche Kälte. Duncan fror tierisch. Dennoch lief er weiter. Lieber diese Kälte als dieser glühenden Hitze ausgesetzt zu sein.
Duncan lief die ganze Nacht hindurch ohne auch nur das leiseste Anzeichen von Leben zu entdecken. Wo war er nur?
Dass die Sonne aufgegangen war merkte Duncan erst als er anfing zu schwitzen. Er war entsetzlich müde. Dennoch wollte er nicht aufgeben. Er wollte nicht sterben. Nicht hier. Nicht jetzt.
Hätte er doch nur Wasser mitgenommen. Aber nein, in der Eile hätte er es nie im Leben geschafft, sich was zu Trinken zu holen.
Da stand er nun, inmitten einer scheinbar endlosen Sandwüste, allein, verloren und ohne Wasser dem Tode ausgeliefert. Wo sollte das nur enden?


Das Leben bedeutet Probleme, zu leben, sie zu lösen

Mitteilung wurde bearbeitet von Leyth - Donnerstag, 2010-12-02, 10:21 PM
 
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